1.1 Oxidationszahlen
Zum besseren Verständnis komplizierter Redoxreaktionen ist es sinnvoll, den Hilfsbegriff der Oxidationszahl einzuführen:
Die Oxidationszahl macht Aussagen über die Elektronenbilanz eines Atoms bei Redoxreaktionen.
Sie lässt sich auf Ionenverbindungen direkt anwenden: Die
Oxidationszahl ist gleich der Ionenladung und entspricht der Anzahl von
gegenüber dem elementaren Zustand aufgenommenen bzw. abgegebenen
Elektronen. Man schreibt meist die Oxidationszahlen in römischen
Ziffern (Unterscheidung gegenüber Ionen-Ladung) über das entsprechende
Elementsymbol, und zwar mit der Ladung (+ bzw. -) voran und immer
bezogen auf ein Atom bzw. Ion.
Bei der Benennung von Verbindungen wird die Oxidationszahl in Klammern hinter das entsprechende Element gesetzt:
Zinn(II)-chlorid:
SnCl₂
Kupfer(I)-oxid:
Cu₂O
Auch auf Molekülverbindungen lässt sich die Oxidationszahl anwenden:
man denkt sich die Moleküle in Ionen aufgetrennt, wobei das bindende
Elektronenpaar (die bindenden Elektronenpaare) dem
elektronegativeren Element zugeteilt wird (werden).
Die Oxidationszahl ist die Ionenladung, die diese gedachten, aber nicht
tatsächlich existierenden (imaginären) Ionen tragen würden:
Bei Bindungen zwischen gleichartigen Atomen erhalten beide Atome für
die Berechnung der Oxidationszahl je ein Elektron der Bindung.
Dadurch besitzen die Atome elementarer Stoffe sinnentsprechend die
Oxidationszahl 0. Die Atome eines Elements können in verschiedenen
Verbindungen entsprechend der unterschiedlichen Bindungspartner
verschiedene Oxidationszahlen annehmen.
Aus den aufgeführten Überlegungen lassen sich Regeln ableiten, nach
denen die Oxidationszahlen errechnet werden können; dabei hat bei den
nachfolgenden sechs Regeln eine weiter oben stehende Regel gegenüber
unten stehenden immer den Vorrang:
- Die Atome in elementaren Stoffen erhalten die Oxidationszahl 0.
- Die Summe der Oxidationszahlen aller Atome ist gleich der Ladung
des Teilchens: bei neutralen Teilchen ist sie also gleich 0, bei Ionen
gleich der Ionenladung.
- Fluor hat immer die Oxidationszahl -I.
- Metalle besitzen immer positive Oxidationszahlen, diejenigen der ersten drei Hauptgruppen entsprechend der Hauptgruppennummer.
- Wasserstoff hat (fast immer) die Oxidationszahl +I.
- Sauerstoff hat (fast immer) die Oxidationszahl -II.
Redox-Vorgänge lassen sich nun mithilfe der Oxidationszahlen folgendermaßen definieren:
Eine Oxidation ist ein Vorgang, bei dem die Oxidationszahl der Atome
eines Elements größer wird. Dies geschieht durch tatsächliche oder, bei
Elektronenpaarbindungen, formale Abgabe von Elektronen.
Eine Reduktion ist ein Vorgang, bei dem die Oxidationszahl der Atome
eines Elements kleiner wird. Dies geschieht durch tatsächliche oder
formale Aufnahme von Elektronen. Redox-Reaktionen sind Vorgänge, die
mit Änderung der Oxidationszahlen verbunden sind.
1.2 Aufstellen von Redoxreaktionen
Es gibt Redoxreaktionen, die nicht von vornherein so klar überschaubar
sind, dass das richtige Gesamtschema sofort aufzustellen ist. Man
verfährt in folgender Weise:
- Aufstellen eines qualitativen Reaktionsschemas (Stoffschema), in
dem die bekannten Edukte und Produkte enthalten sind, zum Beispiel: Bei
der Reaktion zwischen angesäuerter Dichromat-Lösung (orange) und
Sulfit-Lösung wechselt die Farbe von Orange nach Grün. Letztere stammt
von hydratisierten Cr³⁺-Ionen. Das Chrom ist also reduziert worden. Als
Reduktionsmittel kommt nur das Schwefelatom im Sulfit-Ion infrage, das
oxidiert wird:
\[
\begin{aligned}
\overset{+VI -II}{Cr_{2}O_{7}^{2-}} +
\overset{IV-II}{SO_{3}^{2-}}
⇝
\overset{+III}{Cr^{3+}} +
\overset{+VI-II}{SO_{4}^{2-}}
\end{aligned}
\]
Der geschlängelte Pfeil gibt an, dass das Reaktionsschema im Gegensatz zu einer Reaktionsgleichung auf beiden Seiten (noch) nicht vollständig ausgeglichen ist.
- Anhand der Oxidationszahlen lassen sich für die Oxidation und
Reduktion formal getrennte Teilschemata aufstellen; der Vergleich der
Oxidationszahlen rechts und links ergibt die Anzahl der aufgenommenen
bzw. abgegebenen Elektronen. Die Summe der Atome sowie der Ladungen
muss bei jedem Teilschema (und zum Schluss auch bei jedem Gesamtschema)
links und rechts vom Reaktionspfeil gleich sein. Die Bilanz wird
folgendermaßen ausgeglichen: Wasserstoff wird aus Wassermolekülen (im
Sauren aus H₃O⁺-Ionen, und überschüssige Sauerstoffatome
(Oxidationszahl -II) ergeben zusammen mit Wassermolekülen OH⁻-Ionen (im Sauren
mit H₃O⁺-Ionen zusammen Wassermoleküle).
- Die Elektronenbilanz muss ausgeglichen werden, d.h. die Anzahl
der bei der Oxidation abgegebenen Elektronen muss gleich der Anzahl der
bei der Reduktion aufgenommenen Elektronen sein:
Die Teilschemata sind so zu multiplizieren, dass jeweils das kleinste
gemeinsame Vielfache der abgegebenen bzw. aufgenommenen Elektronen
erreicht wird.
- Durch Addition der ausgeglichenen Teilschemata erhält man das
Gesamt-Reaktionsschema.
- Gleiche
Teilchen, die links und rechts vom Pfeil auftreten, lassen sich
streichen. Dies ergibt das gekürzte Gesamt-Reaktionschema.
1.3 Metalle und Metallkationen
Bringt man einen Zinkstab in eine Kupfersulfat-Lösung, so scheidet sich
auf dem Zink metallisches Kupfer ab. Dieses ist durch Reduktion von
Cu²⁺-Ionen entstanden. Die erforderlichen Elektronen müssen von
Zinkatomen stammen, die durch die Abgabe von Elektronen zu Zn²⁺-Ionen
oxidiert werden und in Lösung gehen.
Tauscht man die Reaktionspartner aus, d.h. bringt man ein Kupferblech
und eine Zinkchlorid-Lösung zusammen, erfolgt keine Reaktion.
(Abb. 1) Löslichkeitsreihe:
K
|
Ca
|
Na
|
Mg
|
Al
|
Zn
|
Fe
|
Ni
|
Sn
|
Pb
|
(H₂) |
Cu
|
Ag
|
Hg
|
Au
|
Pt
|
(unedel)
| (edel)
|
Die Untersuchung weiterer Systeme Metall/Metallsalz-Lösung ergibt eine
Ordnungsmöglichkeit der Metalle: In Gegenwart von Ionen "edlerer"
Metalle geben "unedle" Metalle Elektronen an diese ab. Es scheidet
sich das edlere Metall ab, das unedlere Metall bildet Kationen und geht
in Lösung. Für das Bestreben eines Metalls, durch Bildung von Kationen
in Lösung zu gehen (
Lösungstension), lässt sich experimentell eine Reihe ermitteln.
In dieser "Löslichkeitsreihe" (Abb. 1) kann auch der Wasserstoff
aufgeführt werden, obwohl er nicht zu den Metallen gehört. Er kann aber
wie die Metalle Kationen bilden. Sein Platz in der Reihe wird dadurch
bestimmt, dass die links von ihm stehenden Metalle sich mit verdünnten
Säurelösungen unter Wasserstoffentwicklung umsetzen, d.h. in Lösung
gehen, während die rechts stehenden
halbedlen und
edlen Metalle sich in
verdünnten Säuren nicht lösen. Jedes Glied der "Löslichkeitsreihe",
(die der elektrochemischen Spannungsreihe, vgl. 1.7 Standardpotenziale entspricht), vermag die
rechts von ihm stehenden Metalle aus ihren Salzlösungen auszufällen und
dabei selbst in Lösung zu gehen; andererseits wird es von den links
stehenden Metallen aus seinen Salzlösungen abgeschieden.
1.4 Nichtmetallanionen und Nichtmetalle
Bei den Nichtmetallen, z.B. den Halogenen, lassen sich entsprechende
Ergebnisse aus Experimenten gewinnen. Man findet eine unterschiedliche
Neigung der Halogenatome, Elektronen aufzunehmen und Anionen zu bilden.
Das Chloratom vermag sowohl dem Bromid- als auch dem Iodid-Ion jeweils
ein Elektron zu entziehen, d.h. diese beiden Ionen zu oxidieren. Chlor
selbst wird reduziert. Die Fähigkeit der elementaren Halogene,
Elektronen aufzunehmen, nimmt mit steigender Atommasse ab. Fluor ist
das stärkste Oxidationsmittel und (von den Halogenen) Iod das
schwächste.
Somit lassen sich auch die Halogene in eine Reihe ordnen, in der die
vier Elemente nach zunehmender oxidierender Wirkung wie folgt angeordnet sind:
I₂ < Br₂ < Cl₂ < F₂
1.5 Elektronendruck
Wenn man bei Redoxreaktionen
die Oxidation jeweils räumlich von der Reduktion trennt, so kann der
Elektronenübergang von dem Metall mit stärkerer Lösungstension zu den
Ionen des edleren Metalls direkt als Elektronenfluss, d.h. als Strom
nachgewiesen werden. Die Zinkatome im Zinkblech besitzen eine größere
Lösungstension als Kupferatome, sie gehen als Zn²⁺-Ionen in Lösung und
lassen pro Atom 2 Elektronen im Metallgitter zurück. An der
Graphitelektrode scheiden sich Cu²⁺-Ionen unter Aufnahme von je 2 Elektronen
als Kupferatome ab. An der Zinkelektrode erfolgt also die Oxidation des
Zinks, an der Graphitelektrode die Reduktion der Kupfer(II)-ionen. Man
definiert:
Die Anode ist diejenige Elektrode, an der die Oxidation stattfindet.
Die Kathode ist diejenige Elektrode, an der die Reduktion stattfindet.
Somit ist die Zinkelektrode zur Anode geworden und trägt eine negative
Ladung, die Graphitelektrode ist zur Kathode geworden und trägt eine
positive Ladung. (Bei der Elektrolyse tragen Anode und Kathode genau
entgegengesetzte Ladungen, die Anode ist die positive Elektrode, an der
die negativen Ionen oxidiert werden, die Kathode ist die negative
Elektrode, an der die positiven Ionen reduziert werden.)
\[
\begin{aligned}
\text{Anode ⊖:}\\
\overset{0}{Zn} \rightarrow \overset{+II}{Zn^{2+}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}\\
\\
\text{Kathode ⊕:}\\
\overset{+II}{Cu^{2+}} + 2 e^{-} \rightarrow \overset{0}{Cu} \text{(Reduktion)}
\end{aligned}
\]
Zwischen beiden Elektroden ist eine Spannung festzustellen: Die
Zinkelektrode erscheint gegenüber der Graphitelektrode negativ. Dies
bedeutet, dass auf der Zinkelektrode ein Elektronenüberschuss, auf der
Graphitelektrode ein Elektronenmangel herrscht. Die Ursache hierfür
liegt in dem unterschiedlichen Elektronendruck der beiden beteiligten
Redoxsysteme als Folge der unterschiedlichen Lösungstension der
Metalle. Bei zwei räumlich getrennten Redoxsystemen wird
dasjenige mit dem höheren Elektronendruck zum ⊖-Pol, das andere
zum ⊕-Pol. Verbindet man die beiden Elektroden, so fließen die
Elektronen vom Ort des höheren Elektronendrucks zu dem mit dem
niedrigeren Druck.
Entsprechende Verhältnisse treten auch bei nichtmetallischen Systemen auf:
\[
\begin{aligned}
\text{Anode ⊖:}\\
\overset{-I}{2I^{-}} \rightarrow \overset{0}{I_{2}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}\\
\\
\text{Kathode ⊕:}\\
\overset{0}{Br_{2}} + 2 e^{-} \rightarrow \overset{-I}{2Br^{-}} \text{(Reduktion)}\\
\end{aligned}
\]
Als Elektroden werden Graphit oder Platin verwendet. Brom hat ein
größeres Bestreben unter Aufnahme von Elektronen in Lösung zu gehen
(Reduktion), sodass die Bromelektrode die Kathode
darstellt und eine positive Ladung bekommt. An der anderen Elektrode
wird das Iodid unter Abgabe von Elektroden zu Iod oxidiert, sodass hier
die Anode vorliegt.
1.6 Galvanische Elemente
Der mit Oxidation und Reduktion verbundene Elektronendruck eines
Redoxsystems zeigt sich im Vergleich zu einem anderen Redoxsystem:
Kombiniert man zwei sogenannte
Halbzellen,
so entsteht zwischen ihnen
eine Spannung (Potenzialdifferenz bzw. elektromotorische Kraft
EMK).
Als Halbzelle bezeichnet man die Anordnung einer Elektrode in einer
Lösung, die Ionen des Elektrodenelements enthält: z.B. besteht die
Halbzelle Zn/Zn²⁺ aus einer Zinelektrode, die in eine Zinksalzlösung eintaucht.
Als Galvanische Zelle bezeichnet man zwei verschiedene Halbzellen, die
leitend zusammengeschaltet sind, wobei die Salzlösung durch eine poröse
Wand (Tonzylinder oder Diaphragma) voneinander getrennt sind. Dadurch
ist eine Vermischung der Lösung stark eingeschränkt, ein Stromfluss
durch Ionenwanderung jedoch möglich.
\[
\begin{aligned}
\text{Redoxsystem (Redoxpaar) 1:}\\
\overset{0}{Zn} \rightleftharpoons \overset{+II}{Zn^{2+}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}\\
\\
\text{Redoxsystem (Redoxpaar) 2:}\\
\overset{0}{Cu} \rightleftharpoons \overset{+II}{Cu^{2+}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}\\
\end{aligned}
\]
Zwischen der reduzierten und der oxidierten Form eines solchen
Redoxsystems herrscht ein Gleichgewicht, das bei dem Element mit der stärkeren
Lösungstension (hier
System 1) weiter auf der rechten Seite liegt als bei einem anderen
System. Das System Zn/Zn²⁺ besitzt daher einen größeren
Elektronendruck (Lösungsdruck) als das System Cu/Cu²⁺, d.h. an der
Zinkelektrode gehen viele Zinkionen in Lösung und lassen Elektronen auf
der Elektrode zurück.
Die Gleichgewichtslage eines Redoxsystems ist allgemein von zwei Faktoren abhängig:
- von der Stoffeigenschaft, also vom Bestreben der reduzierten Form,
Elektronen abzugeben, bzw. der oxidierten Form, Elektronen aufzunehmen.
- von der Konzentration der Ionenlösung.
Die Konzentration des elementaren Stoffes ist bei Feststoffen
(Metallen) und Gasen (unter Standardbedingugen: p=1013 mbar, θ=25 °C) konstant und hat damit keinen Einfluss auf die
Gleichgewichtslage.
Aus dem Massenwirkungsgesetz geht hervor, dass für eine Metallhalbzelle
das Bestreben des Metalls, in den Ionenzustand überzugehen umso
geringer wird, je höher die Konzentration der Metallsalzlösung wird, d.h.
der Elektronendruck nimmt ab.
Vergleichbare Aussagen über den Elektronendruck von Redoxsystemen sind
daher nur bei gleichkonzentrierten Lösungen unter gleichen
Bedingungen sinnvoll. Man verwendet in den jeweiligen Halbzellen
Lösungen mit c(Me
z+) = 1 mol/l. Anordnungen, bei denen
Elektroden in solche Lösungen unter Standardbedingungen tauchen, heißen
Standardelektroden. Bei einer Zusammenstellung einer Galvanischen Zelle
aus einer Standard-Zinkelektrode und einer Standard-Kupferelektrode
lässt sich zwischen den Elektroden eine Spannung von 1,11 V messen. Die
Zinkelektrode ist dabei gegenüber der Kupferelektrode negativ geladen.
Ursache für die gemessene Potenzialdifferenz ist der höhere
Elektronendruck des Redoxsystems Zn/Zn²⁺ gegenüber der Kupferhalbzelle.
An den Phasengrenzen der Halbzelle bilden sich jeweils
Ladungsdoppelschichten aus und zwar aufgrund der unterschiedlichen Lage
der Gleichgewichte in unterschiedlicher Ausprägung.
Auf entsprechende Weise lässt sich jeweils die EMK anderer Galvanischer
Zellen bestimmen und eine Spannungsreihe der Elemente aufstellen.
Hierbei fällt auf, dass sich die gemessenen Spannungen der einzelnen
Galvanischen Zellen additiv verhalten.
1.7 Standardpotenziale
Der Elektronendruck einer Halbzelle (Einzelpotenzial) lässt sich nicht
absolut bestimmen; man kann ihn immer nur im Vergleich zu anderen
Halbzellen als Spannung messen. Um ein Maß für die Elektronendrücke
verschiedener Redoxsysteme zu erhalten, muss man ein
Bezugssystem
wählen. Man hat sich geeinigt, die Standard-Wasserstoffelektrode als
Bezugselektrode zu verwenden und den Elektronendruck des Systems H₂/2 H₃O⁺
willkürlich als null zu setzen. Die Standard-Wasserstoffelektrode
besteht aus einem platinierten Platinblech, das in Salzsäre, c(H₃O⁺) =
1 mol/l, eintaucht. Die Platinelekrode wird bei 25°C von Wasserstoff
(p(H₂) = 1013 mbar) umspült und adsobiert diesen an ihrer Oberfläche.
Die Spannung, die sich zwischen einer Standard-Wasserstoffelektrode
und einer anderen Standardelektrode einstellt, bezeichnet man als
Standardpotenzial
oder
Redoxpotenzial
E⁰ des betreffenden Redoxsystems, aus dem die verwendete
Standardelektrode
besteht.
Das Standardpotenzial ist ein Maß für den Elektonendruck des
Redoxsystems. Es trägt ein negatives Vorzeichen, wenn der
Elektronendruck des Systems größer, ein positives Vorzeichen, wenn er
kleiner ist als der des Bezugssystems H₂/2 H₃O⁺.
\[
\begin{aligned}
\text{Redoxsystem (Redoxpaar) 1:}\\
\overset{0}{Zn} \rightleftharpoons \overset{+II}{Zn^{2+}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}; E^{0} = -0,76 V \\
\\
\text{Redoxsystem (Redoxpaar) 2:}\\
\overset{0}{Cu} \rightleftharpoons \overset{+II}{Cu^{2+}} + 2 e^{-} \text{(Oxidation)}; E^{0} = +0,35 V \\
\end{aligned}
\]
Geordnet nach den Standardpotenzialen ergeben die verschiedenen Redoxsysteme die
Elektrochemische Spannungsreihe.
Alle unedlen Metalle besitzen negative Standardpotenziale, das heißt
sie lassen sich von Säuren, c(H₃O⁺) = 1 mol/l, angreifen.
Die edlen Metalle haben
positive Redoxpotenziale und werden von verdünnten Säuren ( c(Säure) =
1 mol/l ) nicht angegriffen.
Auch für Nichtmetalle lassen sich Standardelektroden konstuieren. Für
die Halogene verwendet man z.B. eine Graphitelektrode, die in die
entsprechende Halogenid-Lösung, c(X⁻) = 1 mol/l, getaucht ist. Das
elementare Halogen entwickelt man am einfachsten durch kurzzeitige
Elektrolyse der Halogenid-Lösung, deren Konzentration sich dabei
praktisch nicht ändert. Das entstandene, elementare Halogen bildet mit
der porösen Graphitelekrode die Halogenelektrode.
Misst man nun die Spannung dieser Standard-Wasserstoffelektrode, so
erhält man das Standardpotenzial des entsprechenden Halogens. Für die
Standard-Chlorelektrode lässt sich auf diese Weise ein Wert von
E⁰ = +1,36 V ermitteln.
Neben den Standardpotenzialen von Metallen und Nichtmetallen lassen sich auch solche von komplizierten Redoxsystemen bestimmen.
- Je negativer das Standardpotenzial eines Redoxsystems ist, desto
stärker wirkt seine reduzierte Form (das Metall bzw. Nichtmetallionen)
als Reduktionsmittel.
- Je positiver das Standardpotenzial eines Redoxsystems ist, desto
stärker wirkt seine oxidierte Form (die Metallionen bzw. das
Nichtmetall) als Oxidationsmittel.
Elektronendruckreihe für Berechnungen
Element im Redox-Paar, dessen Oxidationsstufe sich ändert |
reduzierte Form Redm wird selbst oxidiert |
⇌ |
oxidierte Form Oxm wird selbst reduziert |
+ z e⁻ |
Standard- potenzial E° |
Lithium (Li) |
Li |
⇌ |
Li⁺ |
+ e⁻ |
-3,05 V |
Kalium (K) |
K |
⇌ |
K⁺ |
+ e⁻ |
-2,92 V |
Barium (Ba) |
Ba |
⇌ |
Ba²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-2,90 V |
Calcium (Ca) |
Ca |
⇌ |
Ca²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-2,76 V |
Natrium (Na) |
Na |
⇌ |
Na⁺ |
+ e⁻ |
-2,71 V |
Lanthan (La) |
La |
⇌ |
La³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-2,522 V |
Cer (Ce) |
Ce |
⇌ |
Ce³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-2,483 V |
Magnesium (Mg) |
Mg |
⇌ |
Mg²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-2,372 V |
Beryllium (Be) |
Be |
⇌ |
Be²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-1,85 V |
Titan (Ti) |
Ti |
⇌ |
Ti²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-1,77 V |
Aluminium (Al) |
Al |
⇌ |
Al³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-1,66 V |
Titan (Ti) |
Ti |
⇌ |
Ti³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-1,21 V |
Mangan (Mn) |
Mn |
⇌ |
Mn²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-1,18 V |
Vanadium (V) |
V |
⇌ |
V²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-1,17 V |
Niob (Nb) |
Nb |
⇌ |
Nb³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-1,099 V |
Chrom (Cr) |
Cr |
⇌ |
Cr²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,91 V |
Wasser |
H₂ + 2 OH⁻ |
⇌ |
2 H₂O |
+ 2 e⁻ |
-0,83 V |
Zink (Zn) |
Zn |
⇌ |
Zn²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,76 V |
Chrom (Cr) |
Cr |
⇌ |
Cr³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-0,76 V |
Nickel (Ni) |
Ni(OH)₂ + 2 OH⁻ |
⇌ |
NiO₂ + 2 H₂O |
+ 2 e⁻ |
-0,49 V |
Schwefel (S) |
S²⁻ |
⇌ |
S |
+ 2 e⁻ |
-0,48 V |
Eisen (Fe) |
Fe |
⇌ |
Fe²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,44 V |
Cadmium (Cd) |
Cd |
⇌ |
Cd²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,40 V |
Cobalt (Co) |
Co |
⇌ |
Co²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,28 V |
Nickel (Ni) |
Ni |
⇌ |
Ni²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,23 V |
Molybdän (Mo) |
Mo |
⇌ |
Mo³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-0,20 V |
Zinn (Sn) |
Sn |
⇌ |
Sn²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,14 V |
Blei (Pb) |
Pb |
⇌ |
Pb²⁺ |
+ 2 e⁻ |
-0,13 V |
Eisen (Fe) |
Fe |
⇌ |
Fe³⁺ |
+ 3 e⁻ |
-0,04 V |
Wasserstoff (H₂) |
H₂ |
⇌ |
2 H⁺ |
+ 2 e⁻ |
0 |
Zinn (Sn) |
Sn²⁺ |
⇌ |
Sn⁴⁺ |
+ 2 e⁻ |
+0,15 V |
Kupfer (Cu) |
Cu⁺ |
⇌ |
Cu²⁺ |
+ e⁻ |
+0,16 V |
Kupfer (Cu) |
Cu |
⇌ |
Cu²⁺ |
+ 2 e⁻ |
+0,35 V |
Eisen (Fe) |
[Fe(CN)₆]³⁻ |
⇌ |
[Fe(CN)₆]⁴⁻ |
+ e⁻ |
+0,361 V |
Kupfer (Cu) |
Cu |
⇌ |
Cu⁺ |
+ e⁻ |
+0,52 V |
Iod (I) |
2 I⁻ |
⇌ |
I₂ |
+ 2 e⁻ |
+0,53 V |
Eisen (Fe) |
Fe²⁺ |
⇌ |
Fe³⁺ |
+ e⁻ |
+0,77 V |
Silber (Ag) |
Ag |
⇌ |
Ag⁺ |
+ e⁻ |
+0,80 V |
Quecksilber (Hg) |
Hg |
⇌ |
Hg²⁺ |
+ 2 e⁻ |
+0,85 V |
Brom (Br) |
2 Br⁻ |
⇌ |
Br₂ |
+ 2 e⁻ |
+1,07 V |
Platin (Pt) |
Pt |
⇌ |
Pt²⁺ |
+ 2 e⁻ |
+1,20 V |
Sauerstoff (O) |
6 H₂O |
⇌ |
O₂ + 4 H₃O⁺ |
+ 4 e⁻ |
+1,23 V |
Chrom (Cr) |
Cr³⁺ |
⇌ |
Cr⁶⁺ |
+ 3 e- |
+1,33 V |
Chlor (Cl) |
2 Cl⁻ |
⇌ |
Cl₂ |
+ 2 e⁻ |
+1,36 V |
Gold (Au) |
Au |
⇌ |
Au²⁺ |
+ 2 e⁻ |
+1,40 V |
Gold (Au) |
Au |
⇌ |
Au³⁺ |
+ 3 e⁻ |
+1,50 V |
Gold (Au) |
Au |
⇌ |
Au⁺ |
+ e⁻ |
+1,69 V |
Sauerstoff (O) |
4 H₂O |
⇌ |
H₂O₂ + 2 H₃O⁺ |
+ 2 e⁻ |
+1,78 V |
Sauerstoff (O) |
2 SO₄²⁻ |
⇌ |
S₂O₈²⁻ |
+ 2 e⁻ |
+2,00 V |
Fluor (F) |
2 F⁻ |
⇌ |
F₂ |
+ 2 e⁻ |
+2,87 V |
- Standardwasserstoff-Elektrode
- Halbedelmetall:
Reagiert nicht
mit verdünnten wässrigen Lösungen von Säuren, jedoch mit konzentrierten
oxidierenden Säuren wie der Schwefelsäure.
- Edelmetall:
Reagiert an Luft bei Raumtemperatur
entweder gar nicht, oder nur äußerst langsam und in sehr geringen Umfang, so wie
es beim Silber der Fall ist. Von Salzsäure (weder verdünnt noch konzentriert)
werden Edelmetalle nicht angegriffen!
1.8 Energetische Betrachtung
Das Standardpotenzial bei den Alkalimetallen verändert sich vom
Natrium, über das Kalium bis zum Caesium erwartungsgmäß entsprechend
der Stellung im PSE bzw. dem Atombau. Lithium besitzt allerdings ein
überraschend negatives Standardpotenzial, obwohl das Lithiumatom im
Vergleich zu den anderen Alkalimetallen sein Valenzelelektron am
stärksten bindet, das heißt die höchste
Ionisierungsenergie
von den Alkalimetallen besitzt. Demnach kann E⁰ kein Ausdruck für die
Ionisierungsenergie allein sein. Betrachtet man den Vorgang
Me (fest) → Me⁺ (gelöst) + e⁻ genauer, so stellt man fest, dass neben der
Ionisierung weitere Prozesse ablaufen, die jeweils mit einem
Energieumsatz verbunden sind. Der Gesamtvorgang lässt sich formal in
drei Schritte unterteilen:
- Sublimation
- Ionisierung
- Hydratation
Für die Nichtmetalle (X₂) gelten entsprechende Prozesse.
Verantwortlich für das besonders negative Redoxpotenzial des Lithiums
trotz hoher Ionisierungsenergie (ähnliches gilt für Calcium und
Barium) ist in erster Linie
Hydrat(at)ionsenergie.
Diese ist umso größer, je höher die Ladungsdichte des Ions ist, das
heißt je kleiner der Radius und je höher die Ladung des Ions ist. Auch
das besonders positive Standardpotenzial des Fluors (im Vergleich z.B.
zum Chlor) lässt sich nur über die hohe Hydrationsenergie erklären,
zumal Chlor sogar noch eine höhere
Elektronenaffinität
besitzt.
1.9 Konzentrationsabhängigkeit
Bisher wurden die Potenziale immer nur auf Lösungen mit c = 1 mol/l
bezogen. Das Elektrodenpotenzial einer Halbzelle ist aber von der
Konzentration der Ionenlösung abhängig. Um diese Abhängigkeit quantitativ zu unersuchen,
betrachtet man die Spannung einer Konzentrationskette.
Als Konzentrationskette
bezeichnet man folgende Anordnung: Zwei Elektroden des selben Metalls tauchen in unterschiedlich
konzentrierte Lösungen des gleichen Salzes dieses Metalls ein. Die
Lösungen sind leitend über ein Diaphragma oder eine neutrale Salzlösung
(Stromschlüssel) verbunden.
Der Stromschlüssel verhindert eine zu schnelle Vermischung der
Metallionen, die zu einer Abnahme der Potenzialdifferenzen führen
würde, bei gleichzeitiger Stromleitung.
Wird nun die Spannung zwischen z.B. zwei Standard-Silberelektroden
gemessen, so stellt man keine Potenzialdifferenz fest. Nach Verdünnung
der einen Silbernitratlösung auf c = 0,1 mol/l lässt sich jedoch eine
Spannung von ca. 59 mV feststellen. Die Elektrode mit der verdünnten
Lösung erweist sich hierbei als negativer Pol.
Das Ergebnis stimmt mit den Erwartungen überein:
In der Halbzelle mit
der geringeren Konzentration gehen mehr Metallatome in Form von
Metallionen in Lösung und lassen ihre Elektronen auf der Elektrode
zurück. Das Gleichgewicht
\[
\begin{aligned}
\text{Redoxsystem (Redoxpaar) 1:}\\
\overset{0}{Ag} \rightleftharpoons \overset{+I}{Ag^{+}} + e^{-} \text{(Oxidation)} \\
\end{aligned}
\]
liegt hier stärker auf der Seite der Silber(I)-ionen. Die Elektrode erhält
so einen Elektronenüberschuss und wird zum Minus-Pol. Wird die
verdünnte Lösung dieser Silberhalbzelle noch mehrmals um eine
Zehnerpotenz verdünnt, so stellt man jeweils eine Erhöhung der Spannung
um 59 mV fest. Die Spannung ist demnach proportional dem Logarithmus
des Konzentrationsverhältnisses des Silberionen in den beiden
Halbzellen.
\[
\begin{aligned}
E_{Konzentration} \sim lg \frac{c_{1}}{c_{2}} \\
\text{E Konz.: Spannung der Konzentrationskette} \\
\end{aligned}
\]
Dabei ist c₁ die Konzentration der höher konzentrierten Lösung. Als
Proportionalitätsfaktor kann für diese Konzentrationskette 0,059
bestimmt werden, so dass gilt:
\[
\begin{aligned}
E_{Konzentration} = 0,059 V \cdot lg \frac{c_{1}}{c_{2}} \\
\end{aligned}
\]
Für eine Konzentrationskette mit zweifach positiven Ionen
(z.B. Cu²⁺, Zn²⁺) lässt sich 0,059/2 als Proportionalitätsfaktor ermitteln.
Allgemein gilt für die Konzentrationskette eines Systems:
\[
\begin{aligned}
\overset{0}{Me} \rightleftharpoons \overset{+Z}{Me^{z+}} + z e^{-}; \text{bei 25°C} \\
E_{Konzentration} = \frac{0,059}{z} V \cdot lg \frac{c_{1}}{c_{2}} \\
\end{aligned}
\]
1.10 Nernstsche Gleichung
Die Konzentrationsabhängigkeit lässt sich nun auch zur Berechnung des
Elektrodenpotenzials beliebig konzentrierter Halbzellen verwenden: Das
Standardpotenzial wird um das Potenzial der entsprechenden
Konzentrationskette verringert:
\[
\begin{aligned}
E = E^{0} - E_{Konzentration} \\
E = E^{0} - \frac{0,059}{z} V \cdot lg \frac {c_{1}}{c_{2}} \\
\end{aligned}
\]
wenn c₁ = 1 mol/l und c₁ > c₂ = c(Me
z⁺) ist, dann gilt:
\[
\begin{aligned}
E = E^{0} - \frac{0,059}{z} V \cdot lg \frac{1}{c(Me^{z+})} \\
E = E^{0} - \frac{0,059}{z} V \cdot ( -lg \, c(Me^{z+})) \\
E = E^{0} + \frac{0,059}{z} V \cdot lg \, c(Me^{z+}) \\
\end{aligned}
\]
Dies ist die
Nernstsche Gleichung für Metallelektroden.
Sie lautet präzise formuliert:
\[
\begin{aligned}
E(Me/Me^{z+}) = E^{0} + \frac{0,059}{z} V \cdot lg \, c(Me^{z+}) \\
\end{aligned}
\]
Die hier empirisch erhaltene Nerstsche Gleichung lässt sich in allgemeiner Form aufstellen:
\[
\begin{aligned}
E(Red/Ox) = E^{0} + \frac{0,059}{z} V \cdot lg \, \frac{c(Ox)}{c(Red)} \\
\end{aligned}
\]
wobei z die Anzahl der in der Halbzelle ausgetauschten Elektronen,
c(Ox) die Stoffmengenkonzentration der oxidierten Form (entspricht dem Oxidationsmittel Oxm.) darstellen.
Für Metallelektronen ist c(Red), also hier die Konzentration des festen
Metalls, konstant. Man setzt sie gleich 1, so dass sich die Gleichung
wie oben angegeben vereinfacht.
Beispiel:
Berechnung des Potenzials einer Silberhalbzelle mit Hilfe der Nernstschen Gleichung:
c(Ag⁺) = 10⁻³ mol/l, z = 1
\[
\begin{aligned}
E(Ag/Ag^{+} (10^{-3}mol/l)) = E^{0}(Ag/Ag^{+}) + \frac{0,059}{z} V \cdot lg \, c(Ag^{+}) \\
= +0,80 V + \frac{0,059}{1} V \cdot lg \, 10^{-3} \\
= +0,80 V + 0,059 V \cdot (-3) \\
= +0,80 V + 0,177 V \\
= 0,623 V \\
\end{aligned}
\]
Die Nernstsche Gleichung ist auch für Nichtmetallhalbzellen zu vereinfachen.
Für das System
\[
\begin{aligned}
\overset{-I}{2 Cl^{-}} \rightleftharpoons \overset{0}{Cl_{2}} + 2 e^{-} \\
\end{aligned}
\]
ergibt sich:
\[
\begin{aligned}
E = E^{0} + \frac{0,059}{2} V \cdot lg \, \frac{c(Cl_{2})}{c(Cl^{-})^{2}}\\
\end{aligned}
\]
Weil die Konzentration des elementaren Chlors bei Standardbedingungen (p = 1,013 bar, θ = 25°C) konstant ist, gilt:
\[
\begin{aligned}
E = E^{0} - \frac{0,059}{2} V \cdot lg \, c(Cl^{-})^{2} \\
E = E^{0} - 0,059 V \cdot lg \, c(Cl^{-}) \\
\end{aligned}
\]
Allgemein:
\[
\begin{aligned}
E(2X^{z-}/X_{2}) = E^{0}(2X^{z-}/X_{2}) - \frac{0,059}{z} V \cdot lg \, c(X^{z-}) \\
\end{aligned}
\]
1.11 pH-Abhängigkeit
Das Potenzial der Wasserstoffhalbzelle ist abhängig von der
Konzentration der H₃O⁺-Ionen und damit vom pH-Wert. Für eine
Wasserstoffelektrode mit c(H₃O⁺) = 1mol/l, d.h. mit pH = 0, ist es
als 0,0 V definiert.
Die pH-Abhängigkeit des Elektrodenpotenzials lässt sich durch Umformung der
Nernstschen Gleichung
wie folgt darstellen:
\[
\begin{aligned}
E(H_{2}/H_{3}O^{+}) = E^{0}(H_{2}/H_{3}O^{+}) + \frac{0,059}{2} V \cdot lg \, c(H_{3}O^{+})^{2} \\
E(H_{2}/H_{3}O^{+}) = E^{0}(H_{2}/H_{3}O^{+}) + \frac{0,059}{1} V \cdot lg \, c(H_{3}O^{+}) \\
\end{aligned}
\]
da pH = - lg c(H₃O⁺) und E⁰ = 0 ,
gilt:
\[
\begin{aligned}
E(H_{2}/H_{3}O^{+}) = 0,059 V \cdot (-ph) \\
E(H_{2}/H_{3}O^{+}) = - 0,059 V \cdot ph \\
\end{aligned}
\]
Diese Abhängigkeit des Potenzials einer Wasserstoffelektrode vom pH
wird zur Messung von pH-Werten benutzt. Dazu verwendet man spezielle
Glaselektroden und bestimmt das Potenzial einer Lösung mit unbekanntem
pH-Wert im Vergleich zu einer Bezugselektrode.
1.12 Galvanische Zellen
Die Nernstsche Gleichung ermöglicht die Berechnung von Spannungen
beliebiger Galvanischer Zellen. Man bildet dazu die Differenz der
Potenziale der beiden Halbzellen. Um eine positive Zellspannung zu
erhalten, muss das kleinere Potenzial vom größeren subtrahiert werden.
Beispiel:
Welche Spannung liefert folgende Galvanische Zelle?
Zn/Zn²⁺ (10⁻⁴ mol/l) // Pb²⁺ (0,1mol/l)/Pb
\[
\begin{aligned}
E(Zn/Zn^{2+}) = -0,76 V + \frac{0,059}{2} V \cdot lg \, 10^{-4} \\
= +0,88 V \\
\\
E(Pb/Pb^{2+}) = -0,13 V + \frac{0,059}{2} V \cdot lg \, 10^{-1} \\
= +0,16 V \\
\\
E = E (Pb/Pb^{2+}) - E (Zn/Zn^{2+}) \\
= +0,72 V \\
\end{aligned}
\]
Die Bleihalbzelle stellt den positiven, die Zinkhalbzelle den negativen
Pol dar; die Potenzialdifferenz,
d.h. die Spannung zwischen ihnen, beträgt +0,72 V.
1.13 Aufgaben
Vorbereitungsaufgaben
Löse zunächst die folgenden gesammelten Übungsaufgaben und vergleiche sie ebenfalls
selbständig mit den unverschlüsselten Lösungen.
Übungsaufgaben
Löse anschließend die folgenden einzelnen Übungsaufgaben und lasse Dir nach erfolgreicher Lösung vom Lehrer
das Passwort zur Entschlüsselung der Lösungshinweise geben.
- Beim Ätzen von Platinen mit Eisen(III)-chloridlösung wird Kupfer
von der Trägerplatte an den Stellen entfernt, an denen keine
leitenden Bahnen benötigt werden. Begründen sie, warum dieser
technisch wichtige Prozess abläuft und formulieren Sie die Teilgleichungen!
Lösung zu Aufgabe 1
(Passwort beim Lehrer)
- Geben Sie die Leerlaufspannungen an, die bei den folgenden
galvanischen Elementen auftreten:
| 1. Halbzelle | 2. Halbzelle | Leerlaufspannung |
a) | Ag/Ag⁺ | Au/Au³⁺ | ............................................. |
b) | Cu/Cu²⁺ | Fe²⁺/Fe³⁺ (Pt-Elektrode) | ............................................. |
c) | Pb/Pb²⁺ | Ag/Ag⁺ | ............................................. |
Lösung zu Aufgabe 2
(Passwort beim Lehrer)
- Bei welchen Versuchen findet eine Redoxreaktion statt?
Erstellen Sie gegebenenfalls die Teilgleichungen und die Gesamtgleichung.
- Man stellt einen Zinkstab in eine Silbernitratlösung.
- Man gibt Wasserstoffperoxid zu einer angesäuerten Kaliumpermanganatlösung.
- Bromwasser wird einer Natriumchloridlösung zugesetzt.
Lösung zu Aufgabe 3
(Passwort beim Lehrer)
- Begründen Sie mit Hilfe einer Redoxgleichung, warum man
angelaufenes Silberbesteck (Ag₂S) durch Einwickeln in Aluminiumfolie "säubern" kann.
Lösung zu Aufgabe 4
(Passwort beim Lehrer)
- Welches Redoxpotenzial besitzt eine Ag/Ag⁺-Halbzelle mit c(Ag⁺) = 10⁻³ mol/l ?
Lösung zu Aufgabe 5
(Passwort beim Lehrer)
- Kann man mit einer schwefelsauren Dichromatlösung, in der c(Cr₂O₇²⁻) = 1 mol/l und
c(Cr³⁺) = 10⁻⁴ mol/l beträgt, bei einem pH = 0 Chloridionen mit c(Cl⁻) = 1 mol/l oxidieren?
Lösung zu Aufgabe 6
(Passwort beim Lehrer)
- Wie verändert sich das Redoxpotenzial an einer Zinkelektrode, wenn man die Zinklösung mit
c(Zn²⁺) = 1 mol/l tausendfach auf einen neuen Wert von c(Zn²⁺)= 0,001 mol/l verdünnt?
Lösung zu Aufgabe 7
(Passwort beim Lehrer)
- Begründen Sie, ob aus der Metallsalzlösung das Metall elementar abgeschieden wird.
- Zn in AuCl₃-Lösung
- Al in NaCl-Lösung
- Mg in AgNO₃-Lösung
- Pb in MgCl₂-Lösung
Lösung zu Aufgabe 8
(Passwort beim Lehrer)
- Wie verändert sich die Reduktionskraft von Chlorophyll, wenn
Elektronen durch Licht angeregt werden? Welcher Stoff wird in der
Fotosynthese reduziert, welcher Oxidiert?
Lösung zu Aufgabe 9
(Passwort beim Lehrer)